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begann auf meinem Heimweg in einer ganz dunklen Nacht, in der die Straßenbeleuchtung
nicht funktionierten. Ich ging sehr vorsichtig, und doch – KABUMM! – stolperte ich über etwas, das auf der Straße lag. Ich meinte, es wäre ein großer Baumstamm.
Wegen meines Falls war ich außer Atem, schaffte es jedoch, meine Taschenlampe
zu finden und das Ding anzuleuchten, über das ich gefallen war …
ES WAR EIN RIESENGROSSES KROKODIL !!!
Im Licht meiner Taschenlampe glühten mich die Augen des Ungeheuers an und ich
lief sofort davon. Ich rannte den Hügel zum Haus hinauf, aber hinter mir konnte
ich ein „Schruffel-di-schriffel-di-flupp, schruffel-di-schriffel-di-flupp“ hören, mit
dem mich das Biest verfolgte. (Das „Flupp“ war das Geräusch von seinem Schwanz,
den es hinter sich herzog.) Ich erreichte meine Haustür, aber meine Hand
zitterte dermaßen, dass ich den Schlüssel nicht ins Schlüsselloch bekommen konnte.
Das Unding kam immer näher! Erst als es gerade anfing, sich die Eingangsstufen
heraufzuschleppen, schaffte ich es, aufzuschließen, hineinzurennen und die
Tür zu schließen. Ich fiel erschöpft auf einen Stuhl und wartete bis ich
wieder zu Atem gekommen war,
ehe ich die Polizei anrief.
Von draußen hörte ich Kratzen, dann ein lautes „Uuuuhuuuh!“ Verstohlen guckte
ich aus dem Fenster, und das Krokodil weinte … Vorsichtig öffnete ich die Tür
einen Spalt. „Was ist denn los?“ fragte ich das Biest, und es rollte sich auf
den Rücken und streckte die Beine in die Luft. Ich fing an, mich ein bisschen
tapferer zu fühlen. Ich kratzte ihm den Bauch, und das schien ihm zu gefallen.
Wenigstens
schien es nicht nach mir als Abendessen zu verlangen. Abendessen? Vielleicht
wollte es etwas zu fressen haben.
Ich öffnete vier große Dosen vom Lieblingsfutter meiner Katzen und setzte
meinem Besucher ihren Inhalt vor, den er sofort verschlang. Er drängte sich an
mir vorbei ins Wohnzimmer, schlitterte auf mein Sofa und schloss die Augen.
Meine zwei Katzen kamen herein und schienen nicht gerade amüsiert, dass sich
jemand genau dort ausgestreckt hatte, wo sie selbst immer die Nacht verbringen.
Ich
überließ
ihnen diese Angelegenheit und ging zu Bett. Doch vorsichtshalber schloss ich meine
Zimmertür ab, denn ich wollte im Schlaf nicht zum Nachtmahl eines Krokodils
werden.
Als
ich am nächsten Morgen nachsah, traute ich meinen Augen kaum. Dort lag ein Riesenkrokodil an meine Muschikätzchen Ori und P.B. gekuschelt, und die drei hätten nicht glücklicher und zufriedener aussehen können!
Bald wachten die drei auf. Und – kannst du es glauben? – die Katzen fingen doch tatsächlich an, das Krokodil zu waschen! Ich füllte eine große Waschschüssel
mit Katzenfressen und alle drei fraßen daraus ihr Frühstück.
Anschließend gingen sie dann zurück auf das Sofa, um dort zusammen zu schlafen. Ein erstaunlicher
Anblick! Aber fragte mich ernsthaft, was ich mit meinem seltsamen Gast anfangen sollte.
Wo kam er eigentlich her? Ich rief die Universität und den Zoologischen Garten an, aber von vermissten Krokodilen
war dort nichts
bekannt.
Weil der Vorrat an Katzennahrung knapp geworden war, musste ich zum Supermarkt fahren,
um noch viel, viel, viel mehr davon zu kaufen. Als ich wieder zu Hause ankam, schliefen
meine Haustiere noch ganz tief und gemütlich zusammen gekuschelt. Ich schrieb mehrere
Anzeigen, die ich in und um Fintel herum an Mauern und Bäume klebte. Auf diesen
Anzeigen stand geschrieben …
Nun wartete ich den ganzen Tag, doch niemand kam, um das seltsame Wesen ab zu holen,
das mir nach Hause gefolgt war. Bald war es wieder wach und spielte wilde
Fangspiele mit meinen Katzen, rannte im Flur hin und her, rollte sich auf
den Rücken, während sie auf ihm herum tanzten. Du kannst dir sicher vorstellen,
wie das Haus dabei bebte, wie lustig das alles aber auch aussah. Ich fing an zu überlegen,
dass dieser neue Zuwachs zu meiner Familie vielleicht doch schön für mich wäre.
An diesem Tag kam meine Großnichte Lisa Marie nach der Schule vorbei, um die Katzen zu besuchen. Lisa Marie war wegen des Krokodils völlig aus dem Häuschen … „Ist es Dir wirklich nach Hause gefolgt, Onkel Reinhard? Du flunkerst
ja manchmal so.“ Ich beteuerte, dass meine Geschichte wahr wäre. Später spielte
Lisa Marie Verstecken mit dem Ungetüm. Sie war es auch, die ihm seinen Namen gab. „Er ist ja eigentlich ein ganz knuddliges Kerlchen, nicht? Wir sollten ihn ‘Knuddel’
nennen.“ Und genau das taten wir von da an auch.
Im Laufe der nächsten Tage entpuppte sich Knuddel als ziemlich nützlich, denn sobald sich
die Ladenbesitzer in der Nachbarschaft an ihn gewöhnt hatten, brauchte ich
ihn bloß mit einem Korb im Maul, mit einer Einkaufsliste auf den Rücken geklebt
und mit einer Geldtasche um den Hals gebunden zum Einkaufen schicken. Er
kam jedes Mal schnell mit den Dingen zurück, die ich bestellt hatte. Und das richtige
Wechselgeld war auch immer in der Geldtasche. Aus irgendeinem Grund wurde das
Geld niemals gestohlen. Irgendwie komisch …
Alles war gut bis zu jenem schrecklichen Tag, an dem alle Schwierigkeiten begannen.
Ich saß zu Hause und las ruhig und gemütlich. Knuddel war einkaufen gegangen, als Lisa
Marie herein gerannt kam und schrie: „Onkel Reinhard! Onkel Reinhard! Ich habe eine
schreckliche Nachricht! Die Polizei hat Knuddel verhaftet!“ Du kannst dir sicher vorstellen, wie eilig ich die Straße hinunter rannte, um herauszufinden,
was geschehen war.
An der Haltestelle stand ein großer Bus vom Gemeindeamt, zwei Polizeiautos,
ein Krankenwagen und ein riesiger Lastwagen mit einem Kran hinten drauf. Ich
konnte gerade noch beobachten, wie Knuddel mit dem Kran hochgezogen und in
den Lastwagen geladen wurde, während mehrere Polizisten Wache standen. Ich
ging zu ihnen hin. „Was machen Sie denn da mit meinem Krokodil?“, wollte ich wissen.
„Ihr Krokodil?“ fragte ein Inspektor, „Sie sollten sich schämen, ein dermaßen gefährliches Tier in einem Wohngebiet zu halten. Dieses furchtbare Untier
hat gerade versucht, den Busfahrer aufzufressen. Jawohl! Er ist deswegen
total erschüttert, kann ich Ihnen sagen. Ihr Kroko hat gehörigen Ärger vor
sich, Kumpel.“
Zwei Sanitäter stiegen aus dem Bus, trugen den Fahrer in den Krankenwagen und
fuhren davon. Das war schrecklich. War mein freundliches Haustier wieder zu einem
wilden Tier geworden? „Sind Sie sicher, dass es mein Krokodil war?“ fragte
ich den Inspektor. „Können Sie in dieser Gegend etwa ein anderes sehen, Kumpel?“,
antwortete
der Polizist, „Jedenfalls waren fünfzig Fahrgäste in dem Bus und alle sahen, was geschah. Es war Ihr Krokodil … Vielleicht sollten wir auch Sie anklagen.
Name und Anschrift bitte, mein Herr.“
Ich teilte ihm die Angaben mit. Obwohl sie schrien und mit den Armen
fuchtelten, ließen sie mich letzten Endes gehen, und zwar mit der
Verwarnung,
dass ich mir zukünftig meine Haustiere besser aussuchen solle. Oje, oje!
Ich hatte ein wildes Untier gehalten, das bei mir zu Hause so tat, als wäre
es lieb und nett, und ich hatte es sogar regelmäßig gefüttert! Wie lange hätte es
wohl noch gedauert, bis es mich und die Katzen fraß … vielleicht sogar Lisa Marie?! Als
die Polizisten von allen Fahrgästen die Aussagen aufgenommen hatten, stiegen
sie in ihre Autos und fuhren davon, gefolgt von dem großen Lastwagen. Alle
Fahrgäste mussten zu Fuß gehen, denn die Polisten hatten vergessen
einen anderen Bus anzufordern. Die albernen Menschen machten nicht die Polizei,
sondern Knuddel für ihre Probleme verantwortlich. „Mach’ Krokoburgers draus!“,
schrie ein dicker Kerl, als er verärgert losmarschierte.
Tatsächlich sah es überhaupt nicht gut aus für das riesige Biest, das einige Nächte
zuvor bei mir eingezogen war. Was sollte man jetzt mit ihm machen?
Bald wusste ich es, denn am nächsten Tag erschien bei mir ein Mann vom Tierschutzverein,
um mich zu sprechen. Er berichtete, dass das ungezogene Krokodilchen im Schwimmbad
des Gefängnisses an einen Posten gekettet worden war und dass die armen Häftlinge darüber sehr böse waren, weil sie deshalb auf ihr tägliches Schwimmen verzichten
mussten. Noch schlimmer war es, dass am Samstag das jährliche Schwimmfest stattfinden
sollte und nun abgesagt werden musste. Knuddel war wohl das meist gehasste
Wesen Deutschlands, doch ich ging ihn trotzdem besuchen. Der Arme weinte andauernd und die Polizei sagte mir, dass seine Gerichtsverhandlung in drei Wochen
stattfinden soll. Herr Katz, der Mann vom Tierschutzverein, war der einzige Mensch,
der damit rechnete, dass die Lage für Knuddel nicht ganz schlimm so wie allgemein angenommen.
Man würde schon sehen, so seiwie die Gerichtsverhandlung anfänge. Und anfangen würde sie bald.
An einem nasskalten Montagmorgen war der Gerichtssaal gefüllt mit Leuten,
die darauf warteten, zuzusehen, wie ein schreckliches Ungeheuer seine verdiente
Strafe erhält. Als der Eigentümer dieses Ungeheuers hatte ich zum Glück einen
reservierten Platz im Saal. Als ich ankam, trafen der Vertreter vom Tierschutzverein
und ein Herr mit einem langen Bart ein. „Ich werde die Verteidigung übernehmen“, erklärte
Herr Katz, der Mann vom Tierschutzverein, „Und dieses ist der berühmte Professor Doktor Doktor Pfnüsli aus Zürich. Machen Sie sich
keine Sorgen! Wir werden dafür sorgen, dass dieses arme, harmlose Wesen
freigesprochen wird.“ Harmloses Wesen? Wirklich?
Die beiden gingen weiter nach vorn im Gerichtssaal. Und ich? Ich setzte mich
auf meinen Platz und wollte es mir gerade bequem machen, als der Gerichtsdiener
brüllte: „Alle aufstehen!“ Ich kann dir sagen, wir sprangen schnell auf, denn wir wollten nicht wegen Sitzenbleibens eingesperrt werden.
Richter Hafft, der der härteste Richter Deutschlands sein sollte, betrat
den Gerichtssaal. Dann saß er auf seinem thronartigen Stuhl und blickte finster auf uns herab. „Alle hinsetzen!“, brüllte der Gerichtsdiener, und wir setzten uns alle
schnell wieder, nur für den Fall, dass der letzte noch Stehende verhaftet werden
sollte. Richter Hafft schob seine Brille auf die Nasenspitze, setzte seinen Richterhut
gerade, blickte nochmals als Zugabe finster in die Runde, hustete einige Male und
befahl: „Bringen Sie den Häftling!“ Ach, mein armer Knuddel! Ein Polizist schleppte
ihn am Ende einer langen Stahlkette herein, stellte ihn vor die Anklagebank und
befestigte die Kette an den Stäben. Zwei weitere Polizisten mit Gewehren standen
daneben, falls Knuddel flüchten wollte. So stand das arme Biest vor der Anklagebank, weinte wahre Krokodilstränen und tat sich selber sehr leid … Der Richter schlug mit seinem Holzhammer laut auf den Tisch:
KNALL!
„Geben wir diesem grässlichen Übeltäter eine gerechte Verhandlung, und stecken
wir ihn für immer ins Gefängnis!“, lächelte er grimmig. „Sehr richtig, Euer Ehren“,
sagte Inspektor Sperrlinck, derselbe Polizist, der die Verhaftung durchgeführt
hatte. „Wir werden diesen Fall schnell entscheiden und ich führe die Anklage … Rufen Sie den ersten Zeugen herein!“ Der Gerichtsdiener brüllte nach Joachim
Hammel, und in den Gerichtssaal trat ein kleiner Mann in einer nagelneuen Gemeindeamtsuniform.
Aufgefordert von Inspektor Sperrlinck gab er sich als der betroffene Busfahrer aus. „Das war
wirklich ’ne fuichbare Sache, sach ich Sie, Ihre Ehre. Diese Kreatur hier steicht
in mein Bus ein. Ich frach, wohin, un wie der Blitz springt das Viech mich an
un fängt an, mich aufzufressen. Ohne die fümzig Fahrgäste, die mich zur Rettung
gekomm sind, wär’ ich ’n richtiges Hammelfleischessen geworden. Das kann ich
Sie wohl sagen.“
Alle Anwesenden fingen an zu lachen, doch der Richter schlug mit seinen Holzhammer auf den Tisch und brüllte:
„Ruhe im Gericht oder es werden alle eingesperrt!“ Sofort war es still. Inspektor
Sperrlinck stand auf und sagte: „Danke, Herr Hammel. Sie können jetzt gehen.“
„Nein, das kann er nicht!“, rief Herr Katz, der Mann vom Tierschutzverein. „Ich verteidige dieses arme, unschuldige Wesen und es muss noch einiges erklärt
werden.“ Richter Hafft sah ziemlich missmutig aus, „Na ja, dann verteidigen Sie das
Biest lieber, ehe ich es ins Gefängnis stecke. Beeilen Sie sich! Wir haben
ja nicht den ganzen Tag dafür zur Verfügung.“ Herr Katz verbeugte sich vor dem Richter,
„Euer Ehren, ich fordere Herrn Professor Doktor Doktor Jean-Claude Pfnüsli aus Zürich, einen
Afrika-Experten, auf, den Fahrer zu befragen.“ Der Professor erhob sich und
sprach: „Damen und Herren … erst eine kleine Veranschaulichung.“ Indem er sich
Knuddel zuwandte, sagte er: „Woo woyn schii da?“ Knuddel richtete sich
sofort kerzengerade auf, legte den rechten Vorderfuß quer über die Brust
und fiel auf den Boden, Beine hoch, Augen zu.
„Oje! Es ist tot!“, riefen alle. „Schweigen im Gericht oder …!“, schrie Richter
Hafft drohend und knallte mit seinem Holzhammer los. „Woo woyn dschung?“,
erklang die Stimme des Professors und Knuddel stand erneut aufrecht vor der Anklagebank.
„Jetzt passen Sie bitte alle einmal genau auf! … Woo woyn pup?“ Pfnüsli fing
an, eine südländische Melodie zu pfeifen. Das Krokodil legte eine Pfote
auf die Hüfte, hielt die andere in die Luft und begann, einen wilden Flamenco
zu tanzen. „Bei der entsprechenden Musik würde er auch Ballett tanzen“, lachte Pfnüsli.
Das Krokodil hörte auf zu tanzen und sogar Inspektor Sperrlinck schloss sich
nun den allgemeinen Beifallsrufen und dem Händeklatschen an …
‘KNALL-KNALL-KNALL’ klang der Hammer des Richters … „Ruhe in diesem Gericht!
Sie sind alle verhaftet. Gerichtsdiener, rufen Sie sofort die Polizei!“ „Einen Moment, bitte, Herr Richter“, sagte Pfnüsli, „Ich will ja alles erklären. Hat einer von Ihnen
jemals zuvor ein Krokodil wie dieses in Deutschland gesehen? Nein? Das kommt
daher, dass es aus Kabombaland mitten in Afrika stammt. Es ist zweifellos ein
echtes Kabombanisches Grünes.“ Der Professor erzählte uns dann eine erstaunliche
Geschichte … Angeblich besteht der Kabomba-Stamm aus Schafhirten. Gras
wurde in ihrem eigenen ursprünglichen Land zu knapp und so kamen sie, ihre
Schafe und ihre Schäferhunde in ein neues Land, in dem durch Flüsse und Seen das
massenhaft wachsende Gras grün gehalten wurde. Die Schwierigkeit ist, dass dort, wo es in Afrika Wasser gibt, auch Krokodile leben. Den Bewohnern in diesem Land war bekannt, dass diese sehr gerne Hundefleisch
mögen. (Schafe konnten sie nicht ausstehen,
weil deren Wolle ihnen immer zwischen den Zähnen hängen blieb.) Kabombanische
Stammesälteste zerbrachen sich die Köpfe darüber, was sie zum Schafehüten nehmen
konnten, wenn alle Hunde verschwunden wären, bis endlich jemand sagte: „Warum
dressieren wir denn nicht die
Krokodile?“
Und das taten sie dann auch. Im Laufe vieler Jahre brachten sie den Biestern
bei, immer menschlichen Befehlen zu folgen. Und irgendwann besaßen sie Schäferkrokos, die viel besser waren als Hütehunde. Sie brachten ihnen weitere Fertigkeiten
bei, bis zwei oder mehrere Krokodile zum Beispiel ein Kanu anschieben konnten, um seine Fahrt
auf dem Fluss zu beschleunigen. Auf dem Land saßen Menschen auf den Rücken der Krokodile und wurden auf diese Weise schnell von einem Ort zum anderen befördert, ohne
Benzin zu verbrauchen. Die Menschen brachten den Krokodilen sogar bei, zu tanzen,
Getreide zu ernten und veranstalteten samstags sogar Wettrennen mit ihnen.
Die Krokodile liebten menschliche Gesellschaft und jeder Kabombaner hielt
mehrere von ihnen im Haus und im Garten. Menschen und Krokos waren glücklich miteinander. Somit
ist das Leben in Kabombaland einfach wunderbar, es sei denn, man ist zufälligerweise ein Hund.
„Da haben Sie also meine Erklärung“, sagte Herr Professor Doktor Doktor Pfnüsli
eine Weile später. „Nun, Sie, Herr Busfahrer Hammel, können Sie sich daran
erinnern, was Sie zu diesem Tierli sagten, als es in Ihren Bus stieg?“ Herr
Hammel stand auf, „Kein Problem, Kumpel. Genau das, was ich zu alle sach, wenn
sie einsteigen: ‘Wo woin Sie ’n hin?’“ Der Richter schlug mit seinem Holzhammer,
„Jetzt ist alles klar. Schau-Krokodil aus Afrika? Gut und schön. Aber dieses
Ding ist schuldig … Fünfzig Jahre!“ Pfnüsli sagte: „Ergebenst, Euer Ehren,
aber die Geschworenen müssen noch ihr Urteil abgeben und ich muss noch meine
Beweisführung beenden. Wenn Sie es nicht erlauben, dass wir unsere Aufgaben
erfüllen, lassen wir Sie wegen Missachtung des Gerichts verhaften.“
Bei diesen Worten wurde Richter Hafft
knallrot im Gesicht und murmelte etwas wie „Schlibbel, schlabbel,
schlubbel … ’Schulligung. Fahren wir also fort mit der Verhandlung, aber …
beeilen Sie sich! Es ist beinahe
Mittagszeit.“
Er war dermaßen bestürzt, dass er nicht einmal mit seinen
Holzhammer schlug. Professor Doktor Doktor Pfnüsli lächelte
Herrn Hammel an, „Mein Freund, bitte erlauben Sie, dass ich Ihnen eine Lektion
in der kabombanischen Sprache erteile. Sie erinnern sich sicher, dass ich jedes Mal, wenn ich dem Krokodil einen Befehl erteilte, sagte, ‘Woo woyn …’, und
das bedeutet ‘Entschuldigen Sie bitte …’. Nun also … ‘siin’ bedeutet ‘fressen’ und
‘hinn’ bedeutet ‘mich’. Das erklärt, was geschehen ist. Bedenken Sie bitte, dass
dieses arme Krokodil zum ersten Mal einen Bus sah, begierig war, mehr darüber
zu erfahren und einstieg. Sie als der höchst ausgebildete Fahrer, der Sie
sind, stellten Ihre übliche Frage: ‘Wo woin Sie ’n hin?’ Leider klang das, was
Sie sagten, wie kabombanisch für ‘Entschuldigung. Friss mich bitte’. Dieses
Tierli hier, das dressiert wurde, allen menschlichen Befehlen zu folgen und
das kein Deutsch verstehen kann, musste wohl oder übel tun, was Sie befahlen.“
Herr Professor Doktor Doktor
Pfnüsli wandte sich an die Geschworenen: „Meine Damen und Herren, meine Beweise zeigen
Ihnen deutlich, dass dieses arme Tierli jederlei Verbrechens gänzlich unschuldig ist. Keine
weiteren Fragen.“ Sofort standen alle Geschworenen auf und riefen: „Nicht schuldig.“
Richter Hafft schlug mit seinen Holzhammer und rief: „Gut! Jetzt kann ich das
Urteil fällen: 75 Jahre!“ „Das können Sie doch nicht, Sie alberner, alter
Mann“, lachte Herr Katz, der Mann vom Tierschutzverein. „Dieses Krokodil darf nach Hause. Also ziehen Sie Leine!“
So kam es, dass ich Knuddel das Krokodil mit einem gemieteten Lastwagen nach
Hause brachte. Er wurde von Lisa Marie und den zwei Katzen begrüßt und bald darauf
gesellten sich Herr Professor Doktor Doktor Pfnüsli und Herr Katz dazu.
Wir hatten eine ganz wunderbare Feier, die sich bis spät in die Nacht hinzog. Knuddel tanzte Tänze
aus aller Welt. Herr Professor Doktor Doktor Pfnüsli sang schweizerische Jodler.
Zum Schluss waren wir alle sehr müde, aber auch sehr froh.
Ich verdiene jetzt eine Menge Geld, weil Knuddel für mich im Fernsehen auftritt.
Ich brauche auch viel Geld, weil er unheimlich viel frisst. Er hat einen Fernseh-Fanclub
mit Inspektor Sperrlinck als Vorsitzenden und fährt immer kostenlos im Bus
von Herrn Hammel. So hatte alles ein gutes Ende genommen, aber ein Rätsel bleibt trotzdem ungelöst … Woher ist Knuddel gekommen? Wahrscheinlich lernen wir die Wahrheit niemals kennen,
aber jemand berichtete mir, dass einmal ein kambombanischer Student in Fintel
wohnte. Vielleicht war Knuddel von ihm weggelaufen, und der Junge reiste ohne
ihn ab, als er kurzfristig in die Heimat gerufen wurde, um Präsident zu werden.
Wer weiß?