Niederländisch

Sprachgruppe
Indoeuropäisch / Germanisch / Westgermanisch / Niederdeutsch / Niederfränkisch

Gebiet
Das Standard-Niederländische wird als gemeinsame Verkehrssprache in den Niederlanden und in Flandern (d.h. im niederländischsprachigen Teil Belgiens) benutzt und unterrichtet. Insgesamt ist das Niederländische die Sprache von 21 Millionen Europäern und steht somit an dreißigster Stelle unter tausenden von Sprachen in aller Welt.
Das niederländischsprachige Gebiet ist nicht scharf begrenzt. Von südwest nach nordost gesehen umfasst das niederländische Sprachgebiet Französisch-Flandern, die belgische Sprachgrenze, Brüssel und die Landesgrenze Deutschlands.

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Status und Bildung
Das Niederländische ist im gesamten Gebiet der Niederlande die Landes- und Unterrichtsprache. In Belgien genießt es überall in Flandern (Nord-Belgien) diesen offiziellen Status. Die Ziehung der Sprachgrenze in Belgien wurde 1963 entschieden. Niederländischsprachige Minderheiten im französischsprachigen Süden sind zu gewissen Zugeständnissen berechtigt, nämlich zum Gebrauch des Niederländischen im Umgang mit Behörden. Umgegekehrt gilt dies für Französischsprachige im Norden. Brüssel, die Hauptstadt Belgiens und historisch eine flämisch-brabantische Stadt, ist offiziell zweisprachig: französisch und niederländisch. Die meisten Einwohner Brüssels sprechen jetzt jedoch französisch, da ihre Vorfahren im Laufe der Geschichte das Französische als Erstsprache gewählt hatten. Unter den in jüngster Zeit nach Brüssel Gezogenen sind die meisten französischsprachig. Man tendiert dazu beide Sprachen zu beherrschen (da dies auf dem Arbeitsmarkt von Bedeutung ist).
Mehr als 50% aller Schüler in Wallonien (d.h., in den romanisch-sprachigen Teilen Belgiens) wählen das Niederländische als Zweitsprache. Seit 1955 wird das Niederländische in den deutschen Ländern Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen unterrichtet. Die Gebiete von Emden und Bentheim sowie der niederrheinische Raum Deutschlands gehörten früher zu den Niederlanden.
Das Niederländische wird in Schulen Nordfrankreichs als Wahlfach anerkannt. Es werden dort sowohl offizielle als auch inoffizielle Kurse angeboten.

Geschichte
Nach dem Niedergang römischer Herrschaft wurden die Niederlande von Franken, Sachsen, Friesen und Angeln bewohnt. Es waren die Franken, die im Mittelalter die Macht über das Gebiet an sich rissen. Das heutige Niederländische hat sich also aus einer auf dem Fränkischen beruhende Dialektmischung entwickelt.

Untenstehend sind die zehn ältesten bekannten altniederländischen Wörter:
wad ‚Watt’ (Jahr: 107)
twee ‚zwei’ (Jahr: 222)
trecht ‚Furt’ (Jahr: 300)
vlies ‚Vlies’ (Jahr: 639)
zaal ‚Saal’ (Jahr: 639)
donk ‚Erhebung im Marsch’ (Jahr: 694)
ham ‚Schinken’ (Jahr: 694)
midden ‚Mitte’ (Jahr: 694)
mond ‚Mund’ (Jahr: 698)
ruim ‚Laderaum (eines Schiffes)’, ,Schiff (einer Kirche)’ (Jahr: 698).

Die früheste Periode der niederländischen Schriftsprache begann irgendwann im 8. Jahrhundert, und diese altniederländische Periode ging etwa im Jahr 1200 zuende.
Von der mittelniederländischen Literatur (1200–1500) sind weitaus mehr Werke erhalten geblieben.
Dem Neuniederländischen haben wir letztenendes die Entstehung der heutigen niederländischen Schriftsprache zu verdanken. Diese geschah zufolge einer Verlagerung des sprachlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Mittelpunkts vom Süden der Niederlande nach dem Norden. Religionsstreite führten dazu, dass die Niederlande geteilt wurden. Viele Südniederländer flohen in den Norden (oder in andere, friedlichere Teile Europas).

Im Jahr 1637 wurde die Staatsbibel in Leiden veröffentlicht. Ihre Sprachform wurde absichtlich als eine Kompromisslösung zwischen verschiedenen Mundarten entwickelt. Man beabsichtigte, dass diese Bibel als ein dauerhaftes Vorbild des korrekten Niederländischen dient.
Im Jahr 1794 wurden die Niederlande von Frankreich besetzt. Die Verwaltung der südlichen Niederlande wurde französisiert. Im Norden machte man weiterhin vom Niederländischen Gebrauch.
Nach Napoleons Niederlage (Waterloo, 1815) wurden der Norden und der Süden nach einer etwa huntertjährigen Teilung wiedervereinigt.
Das Niederländische wurde in allen Landesteilen zur Nationalsprache. Die französischsprachigen Bürger des Südens fühlten sich stark benachteiligt und rebellierten schließlich. Dies führte dazu, dass sich der Süden abteilte und zu „Belgien“ wurde, das seitdem zur Französisierung neigt.

Die Gründung und die Entwicklung der „Flämischen Bewegung“ (Vlaamse Beweging) im 19. und 20. Jahrhundert hat dafür gesorgt, dass das Flämische (Niederländische) im Norden Belgiens seinen offiziellen Status wiedererrang. 1898 wurde dank gesetzlicher Gleichberechtigung das Niederländische neben dem Französischen zur Nationalsprache. Die Grenzziehung zwischen den beiden Sprachen wurde 1963 entschieden.
Inzwischen wurden ständig und regelmäßig bereits vor der belgischen Revolution im Jahr 1830 begonnene Beratungen zwischen niederländischen und flämischen Gelehrten über die niederländische Sprache geführt. Ihr Endergebnis war ein Werk gigantischer Ausmaße: die Schaffung des Woordenboek der Nederlandse taal (Wörterbuch der niederländischen Sprache). Der erste Band (A – ajuin) wurde 1864 veröffentlicht, und der letzte Band erst zum Ende des 20. Jahrhunderts! Es handelt sich dabei um das umfangreichste und weitverbreitetste Wörterbuch der Welt und ist auch auf CD-ROM erhältlich.
Am 9. September 1980 nahm das Niederländischen offiziell seine Stellung als gemeinsame Sprache der Niederländer und der Flamen dank einer Übereinstimmung der Niederländischen Sprachenunion (Nederlandse Taalunie) ein.

Literatur

Autor: Luc Vanbrabant, 2002
Übersetzer: Reinhard F. Hahn, 2002

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